Interview mit Jörg Polis nach seinem Ausscheiden als CEO
Nach 34 Jahren bei der ifa systems AG (davon 22 Jahre als Mitglied des Vorstands und die letzten 7 Jahre als CEO) scheidet Jörg Polis zum 01.09.2023 als Vorstandsvorsitzender aus. Er bleibt dem Unternehmen weiterhin als freiberuflicher Berater und Projektmanager erhalten. Zu diesem Anlass haben wir ein Interview mit ihm geführt. Lesen Sie hier über seine Anfänge in der ifa-Unternehmensgruppe, was ihn bewegt hat und wie es für ihn nach seinem Ausscheiden weitergeht.
Jörg, wie fühlt sich nach 34 Jahren bei der ifa systems AG, davon sieben Jahre als CEO, der Abschied für dich an?
Wie du weißt, habe ich seit langem geplant, mich spätestens zum 31.12.2024 aus der Firma zurückzuziehen. Auch mein Vertrag als Berater läuft bis zu diesem Datum. Die letzten Wochen waren für mich sehr spannend und mir gingen viele Fragen durch den Kopf: Wie werde ich reagieren, wenn es denn so weit ist, dass ich nicht mehr der „Chef“ bin? Was sagen die, die mich über Jahre begleitet haben? Wie gehe ich mit der neuen „Freiheit“ um? Vieles hat sich schnell ergeben und geht auch direkt in die richtige Richtung. Mein Dank geht an alle, die nun das Ruder übernehmen und auch an euch alle, die diesen Veränderungsprozess mitgehen/begleiten. Das war sicher mein größtes Fragezeichen in den letzten Wochen. Mal sehen, wie es sich nach 100 Tagen anfühlt.
Woran erinnerst du dich am liebsten?
Da sind viele Erinnerungen an positive und großartige Ereignisse. Ich könnte dazu sicher ein Buch schreiben. Es ist schwer in einigen Worten „das Ereignis“ zu beschreiben. Spontan fällt mir eins aus den letzten Jahren ein: Unser Gesamtmeeting in der Coronazeit im Sommer 2020 mit Consuela Utsch. Es herrschte eine unglaubliche Aufbruchstimmung und viele neue Mitarbeiter waren vor Ort. Die ifa wird jünger und dynamischer. Ihr seid einfach ein großartiges Team, dem nun alle Türen offenstehen.
Bei deinen Anfängen bei der ifa bist du selbst zu Vor-Ort-Terminen gefahren und hast Stunden damit verbracht, die erste ifa-Lösung bei den Kunden zu installieren. Einige dieser Kunden arbeiten auch heute noch mit der ifa-Software. Stehst du noch persönlich in Kontakt mit dem ein oder anderen? Gibt es besondere Geschichten, die euch verbinden?
Ja, ganz viele. Bei Dr. Wallusch in Groß-Gerau habe ich schon 3 Wochen nachdem ich bei der ifa war mein „Praktikum“ gemacht. Er hat mir die Augenheilkunde live mit den Patienten gezeigt und wie eine Augenarztpraxis funktioniert. Wir haben auch heute noch ab und zu Kontakt, obwohl sein Sohn die Praxis übernommen hat. Die Telefonnummer der Praxis kann ich heute noch immer zu jeder Tages- und Nachtzeit aufsagen.
Mit vielen Kunden gibt es nette Geschichten, sei es eine Einladung zum Essen, die Anwendertage in den 2000ern oder, oder, oder. Es ist schön, wenn Kunden sich melden und nicht nur über Software mit mir plaudern wollen. Letzte Woche erst hat mich Dr. Goldammer aus Celle angerufen und wir haben über viele Dinge gesprochen, die uns privat antreiben/bewegen.
Welches berufliche Erlebnis ist dir am meisten in Erinnerung geblieben?
Das ist ganz klar der ifa-Börsengang im Sommer 2005. Ein großartiges Erlebnis sich selbst bei Börse vor Acht in der ARD zu sehen.
Was war für dich die größte Veränderung?
Die vielen neuen Aufgaben nach dem MBO in den Jahren 2001 und 2002, die für mich als Vorstand dazukamen.
Was nimmst du persönlich aus der Zeit als CEO mit?
Es war eine Zeit, die ich nicht missen möchte, die mich aber auch oft mehr als gefordert hat. Das hat sicher weniger mit dem Posten zu tun als vielmehr mit den Anforderungen und Veränderun-gen, die es zu meistern galt. Mitgenommen für mich habe ich, dass es wichtig ist, gerade in fordernden Situationen ein gutes Netzwerk zu haben, die einen durch Rat und Tat unterstützen. Und das zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Was waren Höhepunkte in deiner Zeit als CEO?
Da gibt es einiges, das hier auf die Frage passt. Einer der Höhepunkte für mich war die großartige Teamarbeit, die es uns ermöglicht hat, unsere Gewinne zu erzielen und dorthin zu gelangen, wo wir heute stehen. Dazu gehörte auch die Übernahme der Mehrheit der Aktien durch die NEXUS AG. Daneben gab es die vielen kleinen Höhepunkte im Unternehmensalltag, an die ich mich im-mer wieder gerne zurückerinnere: Das lustige Video, dass von den Mitarbeitern zu Weihnachten von Holger, Felix und mir erstellt wurde, der kölsche Abend mit unseren Kunden im Rahmen des Chef-Anwender-Workshops, der letzte Messeauftritt auf der DOC in Nürnberg, aber auch der ein oder andere Anruf eines Kunden, der in den Ruhestand geht und sich bei mir und uns bedankt für die vielen Jahre der guten Zusammenarbeit.
Was war die beste Entscheidung in deiner beruflichen Laufbahn?
Unter den vielen Entscheidungen, die ich in meiner Laufbahn getroffen habe, gibt es viele, die erfolgreich sind, aber auch einige, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen haben.
Das zu erkennen, geht nur aus der Nachbetrachtung heraus. Hier nur einige der Besten: MBO 2001, Börsengang 2005, Fokus auf den DACH-Markt 2018, die Akquisition von Sophrona 2020 und die Arkandus-Übernahme 2023.
Wie siehst du die Zukunft des Unternehmens und der Branche?
Das Unternehmen steht gesund und erfolgreich auf den Beinen. Wir haben zwei sehr gute und etablierte Softwaresysteme für Augenärzte. Zum einen ifa Lion mit über 600 Accounts und tau-senden Arbeitsplätzen und zum anderen das browserbasierte, auf neuester Technologie laufen-de ifaNX.
Damit sind wir gut aufgestellt, um die großen Gruppen wie Artemis, OSG und Sanoptis individuell mit unseren Produkten aber auch mit den Add-Ons der Nexus-Gruppe zu bedienen. Von QM, über VNA bis zur Sterilisationssoftware. Mit Nexus gemeinsam stehen auch die Türen im Klinik-geschäft weiter offen.
Die Branche ist nach wie vor auf Expansionskurs. Die Gründe dafür sind vielfältig. Wir werden alle älter. Wir wünschen uns, dass wir bis ins hohe Alter sehr gut sehen können. Neue Medikamente machen es möglich, dass unsere Sehkraft auch bei schweren Erkrankungen „gerettet“ werden kann. Die refraktive Chirurgie wird immer besser. Die Eingriffe sind kurz und schmerzfrei. Die Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen steigt mit der Folge, neue Behandlungsmethoden zu finden und anzuwenden bzw. einzusetzen. KI-Lösungen etablieren sich mehr und mehr. Hier nur zwei Beispiele: Ophtai und RetinAI, mit denen auch wir in Kontakt stehen. Es bleibt span-nend und innovativ. Damit werden in der Zukunft weitere Lösungen benötigt, die allumfänglich die Anforderungen erfüllen können.
Welche Pläne hast du für dein Leben nach der ifa?
Da gibt es einige Dinge, die ich vorhabe. Da ist die Idee, alle meine jemals gefahrenen Mopeds, Roller und Motorräder zu erwerben und zu restaurieren. Mal sehen, wie ich das anstelle. Derzeit fehlt mir noch der Platz. Reisen stand und steht für meine Frau Brigitte und mich immer an einer oberen Stelle. Wir haben vor, mit einem Wohnmobil durch Europa zu reisen. Nur zwei von vielen Plänen. Aber eines ist die Grundlage für alle diese Pläne: die Gesundheit, die nun auch bei mir immer mehr in den Fokus rückt.
Was wirst du am meisten vermissen, wenn du Ende 2024 dann wirklich ganz aufhörst?
Den Kontakt zu den Mitarbeitern und Kunden werde ich sicher vermissen. Für mich ist und war es immer wichtig, mit Menschen direkt in Kontakt zu sein. Sei es in der Küche, auf der Messe, auf Veranstaltungen oder beim Kunden. Kontakte sind für mich Motivation und Energiequelle.
Was wünschst du deinem Nachfolger Holger Rambach? Was gibst du ihm mit auf den Weg?
Holger und ich haben in den letzten mehr als 4 Jahren sehr konstruktiv und vertrauensvoll zu-sammengearbeitet. Gemeinsam mit dem Team haben wir es geschafft, dass die ifa nun da steht, wo sie steht. Vielen Dank dafür. Ich wünsche ihm alles Gute und viel Erfolg. Ich bin davon überzeugt, dass die nächsten Jahre mit ihm sehr erfolgreich werden.
Gibt es eine Botschaft, die du den Mitarbeiter*innen der ifa gerne mit auf den Weg geben möchtest?
Setzt weiter auf Vielfältigkeit. Ein Team mit vielen verschiedenen Charakteren ist das Beste, das einem Team passieren kann. Nehmt den stetigen Wandel an und sucht euch darin die Position, die ihr einnehmen wollt und kämpft dafür.